Marius Popp dirigiert in Kronach J. S. Bachs Matthäus-Passion. Die Musiker leisten drei Stunden Schwerstarbeit. Dem Himmel so nah "Die erzählenden Texte wurden von Solotenor Johannes Puchleitner, als "Evangelist" meisterhaft dargeboten. Mit seiner kraftvollen, hellen Stimme brillierte der 38-jährige Tiroler in dieser tragenden Rolle." Von Sabine Raithel (Neue Presse Coburg, 26. April 2011)
Kronach - Eine ergreifende Stimmung - fast sakral und doch so weltlich. Rund 500 Gäste im Kronacher Kreiskulturraum haben sich schweigend zu einer stehenden Ovation erhoben. Es herrscht ergreifende Stille. Hätte nicht der Karfreitag dazu gemahnt, die Leute hätten Dekanatskantor Marius Popp und seinen Musikern tosenden Beifall gespendet. Auch sie haben sich lautlos erhoben. Popp, am Dirigentenpult, greift sich ans Herz, schließt die Augen zu einem ebenso stummen, wie innigen Dank. Die Musiker haben drei Stunden Schwerstarbeit geleistet und dabei etwas ganz Großes geschaffen. Sie haben sich ans Meisterwerk eines der bedeutendsten und heute meistgespieltesten Komponisten des Barock gewagt und dabei selbst ein Chef d´Oevre auf die Bühne gebracht. Mit viel Feingefühl hat Marius Popp für dieses Konzert Laien- und Profimusiker zusammengebracht. So nahmen, neben den Solisten Andrea Wurzer (Sopran), Stefanie Schmitt (Alt), Walter Klose (Bariton), Reiner Geißdörfer (Tenor), Rainer Grämer (Bass), Michael Lion (Bass, "Christus"), und Johannes Puchleitner (Tenor, "Evangelist"), die Vogtland Philharmoniker unter Konzertmeister Stephan Freund, der Dekanatschor Kronach und der Marktrodacher Teeni-Chor "Bellets" die Zuschauer mit auf den Weg durch Leiden und Tod Christi. Beeindruckend Die Matthäus-Passion ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil behandel die Szenen der Intrige der Hohepriester bis Jesu Gefangennahme; Teil zwei handelt von Jesu Verurteilung, Kreuzigung, Tod und Grablegung. Das bedeutet in jeder Hinsicht Mehraufwand - ein Grund, warum sich heutzutage nur noch wenige an die Matthäus-Passion wagen. Marius Popp erzielte mit seinem Arrangement eine beeindruckende stereophone Wirkung. Die erzählenden Texte wurden von Solotenor Johannes Puchleitner, als "Evangelist" meisterhaft dargeboten. Mit seiner kraftvollen, hellen Stimme brillierte der 38-jährige Tiroler in dieser tragenden Rolle. Herausragend ebenfalls die Leistung der anderen Solisten. Allen voran Andrea Wurzer, Stefanie Schmitt und Michael Lion ("Christus"). Sie brachten das Publikum dem Himmel etwas näher. Überwältigend waren der Eingangs- und Schlusschor. Großartig die Arien, die das Leiden des Herrn in ihrer emotionalen Heftigkeit und Tragik spürbar werden ließen. Popps Inszenierung förderte die Ausdruckskraft zutage, die man sich bei Bachs größtem Werk nur wünschen kann. Und das in gar nicht sakralem Ambiente. (...) Spürbar mystisch Wirklich zu verstehen ist die Matthäus-Passion wohl nur, wenn man einen Blick auf die geistige Umgebung wirft, in der sie entstand: zwischen lutherischer Orthodoxie und Pietismus. Beide theologischen Richtungen begegnen einem hier. Die reine Lehre sowie das persönliche und mystische Erleben. Beides wurde an diesem Abend in Kronach spürbar. |